Regeländerungen zur Saison 2020/2021 Weitere Handspielpräzisierung und „Vorstrafenerlass“ beim Elfmeterschießen

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Erfreulicherweise waren die Regelhüter des International Football Association Board (IFAB) bezüglich Regeländerungen in diesem Jahr im Vergleich zu den vorherigen Spielzeiten relativ zurückhaltend. Für den üblichen Spielablauf haben die seit dem 1. Juli 2020 geltenden Änderungen voraussichtlich nur marginalen Einfluss. Nachfolgend werden die wichtigsten Änderungen überblicksartig vorgestellt.

Regel 1: Formen von Torpfosten und Querlatte

Im Regelwerk wurde ergänzt, dass Torpfosten und Querlatte nicht nur quadratisch, rund, rechteckig oder elliptisch sein dürfen, sondern dass man diese vier Grundformen auch miteinander kombinieren kann, solange dies ungefährlich ist. Da man davon ausgehen darf, dass der Spielfeldaufbau bereits bei seiner erstmaligen Abnahme inspiziert wurde, dürfte dies eher zweitrangig sein.

Regel 10: „Vorstrafenerlass“ beim Strafstoßschießen

Eine auf den ersten Blick eher gewöhnungsbedürfte Ausnahmeregelung betrifft das Strafstoßschießen: Werden während eines Spiels (einschließlich Verlängerung) gegen Spieler Ermahnung, Verwarnungen (Gelbe Karte) oder Zeitstrafen ausgesprochen, werden diese in ein danach stattfindendes Strafstoßschießen nicht übernommen. Erhaltene Disziplinarstrafen werden somit bei Beginn des Strafstoßschießens gelöscht. Das hat zur Folge, dass ein Spieler, der während des Spiels eine Gelbe Karte erhalten hat, in einem Strafstoßschießen noch einmal eine Gelbe Karte erhalten kann, ohne dass er Gelb-Rot sieht. Der Hintergrund ist insbesondere, dass bereits verwarnte Torhüter bei einem Strafstoßschießen nicht gleich bei einem weiteren Vergehen (z.B. zu frühes Verlassen der Torlinie) des Feldes verwiesen werden müssen.

Regel 10: Keine Verwarnung mehr beim (erstmaligen) zu frühen Lösen von der Torlinie

Auch eine weitere Regeländerung erleichtert den Torhütern das Leben. Bisher war es so, dass ein Torhüter die Gelbe Karte erhielt, wenn er sich beim Strafstoß vor der Ausführung des Schusses von der Torlinie nach vorne bewegt hatte und der Strafstoß nicht verwandelt wurde und deswegen wiederholt werden musste.

Ab der neuen Saison wird der Torhüter in diesen Fällen nur noch ermahnt und nicht mehr verwarnt, wenn es bei einem Einzelvergehen bleibt. Erst wenn der Torhüter sich bei der Wiederholung des gleichen oder bei einem anderen Strafstoß erneut zu früh von der Linie bewegt, bekommt er eine Gelbe Karte.

In dem seltenen Fall, in dem der Torhüter sich zu früh von der Linie bewegt und der Elfmeterschütze ihn zuvor bei der Ausführung unsportlich täuschte, ist nur der Elfmeterschütze zu verwarnen, da sein unzulässiges Antäuschen erst zum Vergehen

des Torhüters geführt hat. In diesen Fällen gibt es einen indirekten Freistoß für die Verteidiger auf dem Strafstoßunkt.

Regel 11: Auch ein Handspiel ist ein absichtliches Zuspiel beim Abseits

Bekanntlich ist die Abseitsregel aufgehoben, wenn ein in einer Abseitsstellung stehender Angreifer den Ball von einem gegnerischen Spieler durch ein absichtliches Zuspiel erhält (Ausnahme: absichtliche Abwehraktion, z.B. Abblocken eines Schusses). Klargestellt wurde nun, dass ein absichtliches Zuspiel auch dadurch erfolgen kann, dass der Verteidiger ein absichtliches Handspiel begeht. Auch bei einem solchen strafbaren Handspiel handelt es sich also um eine absichtliche Aktion.

Regel 12: Weitere Präzisierung der Handspielregel

Die Handspielregelung ist seit Längerem Gegenstand reger Debatten. In dem Bemühen, die Regel weiter zu konturieren, wurde festgelegt, dass ein Handspielvergehen nur vorliegen kann, wenn der Ball mit dem nachfolgend rot markierten Bereich des Armes berührt wird:

Eine weitere Klarstellung betrifft den Fall, dass ein zu ahndendes Handspielvergehen vorliegt, wenn ein Angreifer oder ein Mitspieler des Angreifers den Ball mit der Hand oder dem Arm berührt (egal ob absichtlich oder nicht) und er oder seine Mannschaft im Anschluss unmittelbar ein Tor erzielt oder zu einer Torchance kommt. Die Klarstellung bezieht sich darauf, dass es keinen Unterschied macht, ob der Angreifer den Ball selbst mit der Hand berührt oder ob dies ein Mitspieler von ihm tut.

Regel 12: Disziplinarmaßnahmen gegen Torhüter bei zweimaligem Spielen des Balles

Eine weitere Änderung bezieht sich auf Disziplinarmaßnahmen infolge von Vergehen durch den Torhüter. Berührt der Torwart den Ball nach einer Spielfortsetzung ein zweites Mal, ehe ein anderer Spieler den Ball berührt hat, und verhindert er dadurch eine klare Torchance oder einen aussichtsreichen Angriff des gegnerischen Teams, ist dieses Vergehen neben dem fälligen Freistoß auch disziplinarisch zu ahnden. Der Torhüter geht in diesen Fällen – anders als bisher – also nicht mehr straffrei aus, sondern erhält eine Rote oder eine Gelbe Karte.

Regel 12: Vorgehen bei verzögerten Disziplinarmaßnahmen

Wenn der Schiedsrichter bei einem verwarnungs- oder feldverweiswürdigen Vergehen auf Vorteil entscheidet, muss eine fällige Verwarnung oder der fällige Feldverweis bei der nächsten Spielunterbrechung ausgesprochen werden. Dies gilt auch, wenn ein Team einen aufgrund des Vergehens fälligen Freistoß schnell ausführt, bevor der Schiedsrichter mit den Disziplinarmaßnahmen begonnen hat, und dadurch zu einer Torchance kommt („Quick Freekick“).

Diesbezüglich wurde ergänzt, dass die nachträglich auszusprechende persönliche Strafe in ihrer Schwere in den Fällen zu reduzieren ist, wenn mit dem zu ahndenden Vergehen eine klare Torchance oder ein aussichtsreicher Angriff vereitelt wurde. Handelt es sich um das Vereiteln einer offensichtlichen Torchance, wird der fehlbare Spieler nur noch verwarnt (statt einer Roten Karte). Wurde mit dem Vergehen ein aussichtsreicher Angriff verhindert oder unterbunden, muss der fehlbare Spieler nicht mehr bestraft werden (statt einer Gelben Karte).

Regel 12: Missachtung des Abstands beim Schiedsrichter-Ball

Unterschreitet ein Gegenspieler bei der Ausführung eines Freistoßes, Eckstoßes, Einwurfs oder Schiedsrichterballs den vorgeschriebenen Mindestabstand, muss eine Verwarnung ausgesprochen werden. Nachdem im vergangenen Jahr festgelegt wurde, dass beim Schiedsrichterball die Spieler der Mannschaft, mit der der Schiedsrichterball nicht ausgeführt wird, einen Mindestabstand von vier Metern einhalten müssen, wurde nunmehr auch die Sanktionsfolge beim Nichteinhalten des Abstands ergänzt.

Regel 14: Vergehen des Torhüters beim Strafstoß

Erneut geändert wurde die Marschroute bezüglich der Wiederholung von Strafstößen bei Vergehen des Torhüters. Verstößt der Torhüter gegen die Spielregeln, indem er sich zu früh von der Linie nach vorne bewegt (zu Disziplinarmaßnahmen gegen den Torwart siehe oben unter Regel 10), gilt Folgendes:

• Wird der Ball vom Torhüter abgewehrt, wird der Strafstoß wiederholt.

• Geht der Ball ins Tor, zählt der Treffer.

• Verfehlt der Ball das Tor oder springt von Pfosten oder Querlatte zurück ins Spielfeld, wird der Strafstoß nur wiederholt, wenn das Vergehen des Torwarts den Schützen eindeutig gestört hat; ansonsten wird das Spiel mit Abstoß fortgesetzt oder läuft normal weiter.

Alexander Stolz