Die DEL-Eishockey-Saison wurde vorzeitig beendet, der Spielbetrieb der Fußball-, Handball- und Basketball-Bundesliga ist vorerst stillgelegt, die EURO 2020 wird um ein Jahr verschoben, das IOC das IOC verlegt die Olympischen Spiele ins Jahr 2021, Vereinsstätten sind geschlossen, Sponsoren ziehen sich zurück, Vereinsmitglieder verlangen Vereinsbeiträge zurück, Spielerverträge werden gekündigt etc. etc. Kurz: die Corona-Krise lässt die Sportwelt stillstehen, was erhebliche wirtschaftliche Folgen für alle Beteiligten hat. Dabei erreichen uns Rechtsfragen, meist geht es darum, was mit bestehenden Verträgen passiert und wer die wirtschaftlichen Konsequenzen zu tragen hat. Wir versuchen hier im Blog jetzt und zukünftig einige der Fragen, denen sich Sportveranstalter, Vereine, Sportler und Sponsoren jetzt ausgesetzt sehen, zu beantworten. Antworten auf rechtliche Fragen zur Absage von Musik- und sonstigen Events finden sich auch hier. Rechtsfragen zu Corona Allgemein werden in unserer Helpline beantwortet.
1. Müssen Ticketgelder zurückgezahlt werden oder haben Besucher Schadensersatzansprüche, wenn eine Sportveranstaltung wegen des Corona-Virus abgesagt wird?
Es gilt zunächst zu unterscheiden, ob eine Sportveranstaltung aufgrund einer behördlichen Anordnung abgesagt wird, oder ob der Veranstalter die Veranstaltung zum Schutze der Besucher vorsorglich absagt.
a) Der Veranstalter sagt die Veranstaltung freiwillig ab
Entscheidet sich z.B. ein Fußball-Bundesliga-Verein aus autonomen Motiven dazu, ein oder mehrere Spiele nicht durchzuführen, kann der Ticketkäufer den bereits gezahlten Ticketpreis zurückverlangen, § 323 Abs. 1 und 2, § 346 Abs. 1 BGB.
Ob der Veranstalter darüber hinaus noch Schadensersatz (§§ 280 Abs. 1, 284 BGB), etwa für bereits gebuchte und bezahlte Anreisen mit der Bahn oder Übernachtungskosten von Fans des Gastvereins zu zahlen hat, ist davon abhängig, ob er den Ausfall des Events verschuldet hat. Bei freiwilliger Absage des Events drohen dem Veranstalter solche Ansprüche durch die Ticketkäufer.
aa) Fälle höherer Gewalt
Der Veranstalter ist indes nicht zu Schadensersatz verpflichtet, wenn die Veranstaltung aufgrund höherer Gewalt abgesagt werden musste. Ob darunter auch Epidemien und Seuchen fallen, ist höchstrichterlich nicht entschieden. Vereinzelt haben Gerichte – z.B. das AG Augsburg (Urteil v. 9. November 2004 – 14 C 4608/03) im Hinblick auf den Ausbruch des SARS-Virus und das AG Homburg (Urteil v. 2. September 1992 – 2 C 1451/92-18) bezüglich eines Ausbruchs von Cholera – dies aber bejaht. Ob also generell Pandemien, insbesondere das neuartige Virus 2019-nCoV ein Fall höherer Gewalt ist, ist somit nicht geklärt. Wer sich auf höhere Gewalt berufen möchte, hat diese vor Gericht darzulegen und zu beweisen. Eine solche Beweisführung kann gelingen, wenn das Sportevent in einem Gebiet stattfinden sollte, für das eine offizielle Reisewarnung ausgesprochen wurde, was in Deutschland aber in der Regel nicht der Fall ist.
bb) Die Absage dient dem Schutz der Besucher
Wird die Sportveranstaltung aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Besucher abgesagt, trifft den Veranstalter in der Regel kein Verschulden, wenn eine reale Gesundheitsgefahr bestand. Dann setzt sich der Veranstalter auch keinen weiteren Risiken eines Schadensersatzes gegenüber den Besuchern aus. Die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern, dürfte ein sehr guter Grund sein, so dass die Absage von großen aber auch kleinen Sportevents zweifellos dem Schutz der Besucher dient. Denn bei Durchführung des Events durch die Besucherdichte in der Sportstätte aber auch vor den Einlasskontrollen, den sanitären Anlagen und den Cateringständen ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren Ansteckungen zu rechnen.
b) Die Sportveranstaltung wird von offizieller Seite abgesagt bzw. gesetzlich/behördlich verboten
Die Dinge liegen aber nun anders, da Sportveranstaltungen inzwischen aufgrund der jeweiligen Rechtsverordnungen der Länder nicht mehr stattfinden dürfen. Wird die Sportveranstaltung von den Behörden bzw. aufgrund einer behördlichen Verfügung oder wird – wie im Falle der DEL Eishockeyliga oder der Handball Bundesliga – der gesamte Ligabetrieb aufgrund einer Entscheidung des Sportverbands ersatzlos abgesagt, verliert der Veranstalter den Anspruch auf das Ticketentgelt. Die Durchführung der Sportveranstaltung wird dem Veranstalter (dem jeweiligen Heimverein) nämlich rechtlich unmöglich. Er könnte zwar, darf aber die Veranstaltung nicht mehr durchführen. Beide Seiten (Veranstalter, Ticketkäufer) werden von ihren Leistungspflichten befreit, §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB. Hat der Ticketkäufer zum Zeitpunkt der Absage der Veranstaltung das Eintrittsgeld bereits gezahlt, kann er vom Vertrag zurücktreten und die Rückzahlung des Ticketpreises verlangen, §§ 346 Abs. 1, 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB.
Dauerkartenbesitzer können ebenfalls vom Vertrag zurücktreten, haben aber – wenn die Saison mittendrin abgebrochen werden muss – nur Anspruch auf Erstattung des für die nicht mehr besuchbaren Spiele anteiligen Dauerkartenpreises. Für solche Fälle gibt es aber ohnehin meist Regelungen in den Ticketbedingungen der Clubs, die die Erstattung von Dauerkartenpreisen bei Veranstaltungsabsage regeln. Diese Regelungen dürften auch bei einem Saisonabbruch gelten.
2. Was bringt Sportveranstaltern die Gutscheinlösung?
Sportveranstalter können den Ticketinhabern Gutschein anbieten anstatt den Ticketpreis zurückzuerstatten. Das würde sich wirtschaftlich zwar nicht vorteilhaft auswirken, da die Veranstalter bei künftigen Events die Gutschein einlösen müssten und somit keinen Einnahmen generieren. Indes wäre es eine kurzfristige Erleichterung der Liquidität der Veranstalter. Allerdings sind Ticketinhaber nicht verpflichtet, auf einen solchen Deal einzugehen.
Der Gesetzgeber steht aber nunmehr kurz vor Verabschiedung eines Gesetzes, dass u.a. Sportveranstalter berechtigt, Gutscheine anstelle von Ticketpreiserstattung zu gewähren bzw. die Ticketinhaber verpflichtet, diese Gutscheine statt dem Ticketpreis entgegenzunehmen.
Für den Gutschein sollen nach dem Gesetzesentwurf folgende Voraussetzungen gelten:
- Geltungszeitraum
Die Gutscheinlösung soll für alle vor dem 8. März 2020 erworbenen Tickets von coronabedingt abgesagten Veranstaltungen gelten. Der Gutschein soll bis zum 31.12.2021 gültig sein und – sofern er bis dahin nicht eingelöst wurde – danach in einen Zahlungsanspruch übergehen; es handelt sich bei dieser Lösung also letztendlich um eine Stundung der bestehenden Ansprüche.
- Gutscheinwert
Der Wert des Gutscheins soll dem Wert des gesamten Ticketpreises entsprechen. Weder für die Ausstellung noch die Übersendung des Gutscheins sollen dem Ticketinhaber weitere Kosten in Rechnung gestellt werden dürfen.
- Schutz vor Insolvenz des Veranstalters
Vor einem Verfall des Gutscheins soll der Ticketinhaber durch eine Insolvenzabsicherung (ggf. durch staatliche Rückversicherung) geschützt werden.
- Härtefall
Der Vorschlag sieht zudem eine Härtefallregelung vor: ist die Übergabe eines Gutscheins statt einer Erstattung in Geld für den Ticketinhaber unzumutbar – etwa, weil er auf die Erstattung angewiesen ist, um seinen Lebensunterhalt oder den von unterhaltsberechtigten Angehörigen zu bestreiten – muss der Ticketpreis in Geld ausgezahlt werden.
- Dauerkarten (z.B. im Fußball)
Die Besonderheiten bei Dauerkarteninhabern sind berücksichtigt. So kann der Gutschein in Höhe des Wertes der wegen des Coronavirus nicht mehr besuchbaren Saisonspiele gewährt werden. Dem Wortlaut des Entwurfs indes nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob die Gutscheinregelung auch für Besitzer von Hospitality Vereinbarungen (zB Business-Logen) gilt.
3. Was passiert mit Sponsoring-Verträgen, solange der gesponserte Veranstalter/ Verein/Sportler seinen Sport nicht ausüben kann?
In vielen Sportarten finanziert sich der Sport über Sponsoren. Dabei ist das Vertragsverhältnis zu den Förderern geprägt von Leistung (meist eine Leistung in Geld) und Gegenleistung (die Platzierung von Werbung für den Sponsor). Kann die versprochene Werbeleistung nicht erbracht werden, weil die Sportveranstaltung ausfallen muss, wird auch der Sponsor von seiner Leistungspflicht frei. Maßgeblich ist allerdings, was mit dem Sponsor im Einzelfall vertraglich vereinbart wurde. So ist denkbar, dass bereits im Vorfeld einer Veranstaltung Werbemaßnahmen durchgeführt wurden, etwa durch Onlinewerbung. In dem Fall behält der Gesponserte zumindest einen Anspruch auf einen Teil der versprochenen Leistungen des Sponsors.
Schwerer sind Fälle zu beurteilen, in denen die vertraglich vereinbarte Werbeleistung durch die Absage von Sportevents nicht unmöglich wird, z.B. weil die Werbung auf Banden oder Trikots absprachegemäß bereits platziert ist. Allerdings tritt der Zweck der Werbung nicht ein, weil es aufgrund des Ausfalls der Events an der medialen Sichtbarkeit der Werbung fehlt. Ist für diesen Fall im Sponsoringvertrag nichts geregelt, können sich die Vertragsparteien darauf berufen, dass infolge der Veranstaltungsabsage oder des -verbots eine sog. Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt. In dessen Folge können die Vertragspartner berechtigt sein, eine Anpassung der Verträge zu verlangen.
4. Müssen Vereinsmitglieder weiterhin Beiträge zahlen, auch wenn die Sportstätte geschlossen ist?
Kurzum: ja. Das betrifft Tennis-, Hockey-, Fußball-, Schwimmvereine etc. pp.. Der Vereinsbeitrag ist regelmäßig nicht an die Möglichkeit geknüpft, den Sport auszuüben bzw. an angebotenen Trainingsmöglichkeiten teilnehmen zu können. Die Zurverfügungstellung der Sportanlagen ist somit keine Gegenleistung des Vereins für die Zahlung des Mitgliedsbeitrags, vielmehr stellt der Vereinsbeitrag eine mitgliedschaftliche Pflicht zur Förderung des Vereinszwecks dar. Dieser geht meist über die Möglichkeit der Ausübung des Sport hinaus.
Anderes gilt jedoch für den Fall, dass der Verein für besondere Kurse oder Trainingsmöglichkeiten Gebühren erhebt. In diesem Fall findet wieder der Grundsatz Anwendung: Keine Leistung ohne Gegenleistung. Ähnlich wie bei Anbietern kommerzieller Sporteinrichtungen, wie etwa Fitnessstudios, schuldet der Verein den Kurs und der Kursteilnehmer die Zahlung der vereinbarten Kursgebühr. Wird ein solcher Kurs abgesagt, kann der Kursanbieter seinen Teil des Vertrages nicht erfüllen. Spiegelbildlich kann er sodann auch nicht auf Zahlung der Kursgebühr bestehen. Der Kursteilnehmer ist dann von seiner Zahlungspflicht befreit. Sofern Zahlungen bereits im Vorfeld geleistet wurden, hat er einen Anspruch auf volle Rückzahlung der Kursgebühren.
5. Können Arbeitsverträge mit angestellten Sportlern und Trainern gekündigt werden? Kann Kurzarbeit angeordnet werden?
Hier sollten zunächst die jeweiligen Arbeitsverträge Aufschluss drüber geben. Gerade im Sport besteht die Besonderheit, dass viele Verträge befristet sind oder mit der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung geschlossen werden.
Ansonsten gilt grundsätzlich, dass eine Kündigung, die nur aufgrund der Corona-Krise ausgesprochen wird, unwirksam ist. Die Corona-Krise ist für Vereine und Verbände als Arbeitgeber zunächst eine rein wirtschaftliche Krise, die ein typisches Unternehmensrisiko darstellt. Daher wäre das, was beim FC Sion geschehen ist (fristlose Kündigung der Profispieler), nach deutschem Arbeitsrecht nicht möglich.
Möchte der Arbeitgeber kündigen, sind die gängigen Möglichkeiten einer Kündigung zu beachten. Um eine Krisenzeit zu überbrücken, bietet sich außerdem auch im Sport die Einführung von Kurzarbeit an. Vereine und Verbände können von diesen Möglichkeiten genauso Gebrauch machen, wie andere Arbeitgeber. Allerdings darf ein Arbeitgeber Kurzarbeit nicht einseitig im Wege des Direktionsrecht anordnen. Es bedarf der Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Im Profibereich ist davon auszugehen, dass sich jedenfalls in den Arbeitsverträgen keine Regelungen zur Kurzarbeit befinden. Im DFB Mustervertrag sind jedenfalls derartige Regelungen nicht enthalten. Informatives dazu auch im Kicker (Interview mit Johan Menke) und im Focus.
6. Was geschieht mit befristeten Arbeitsverträgen?
Befristete Arbeitsverträge sind vor allem im professionellen Sport Gang und Gäbe. Die Verträge werden über mehrere Jahre geschlossen, bei den Teamsportarten mit Ligabetrieb stets saisonabhängig. Da in Deutschland die Fußball-Bundesliga-Saison meist im Mai/Juni endet, sind viele Verträge bis zum 30.6. des letzten Vertragsjahres befristet. Wird – wie jetzt – die laufende Saison unterbrochen, werden Spieler mit solchen Befristungsklauseln ab Ende Juni vertragsfrei, auch wenn der Spielbetrieb im Herbst oder Winter wieder aufgenommen würde. Spieler vertraglich über den 30.6. hinaus, also bis zum tatsächlichen Saisonende – wenn dies in den Herbst oder den Winter fallen würde) – zu binden, dürfte angesichts des klaren Wortlauts solcher Klauseln schwer werden, so dass Anschlussverträge geschlossen werden müssten. Stellen Laufzeitklauseln hingegen auf das Saisonende ab, kann das anders aussehen (so wird u.a. von Fischinger vertreten).
Es kann in solchen Fällen schwerwiegende Folgen für die sportliche Wettbewerbsfähigkeit von Vereinen haben, wenn sie wichtige Spieler zum Vertragsende verlieren, mit denen sie bis Saisonende geplant haben. Borussia Dortmund hätte es beispielsweise hart getroffen, wenn die Pandemie und deren Folgen bereits im Jahr 2014 stattgefunden hätten. Der Spieler Robert Lewandowski, der den Verein damals planmäßig zum Saisonende ablösefrei verlassen durfte, wäre infolge der Saisonunterbrechung bereits mitten in der Rückrunde zum Konkurrenten aus München gewechselt. Selbst wenn er dort nicht spielberechtigt gewesen wäre, hätte der BVB ihn jedenfalls in der Bundesliga und der Champions League nach dem 30.6. nicht mehr einsetzen dürfen.
Geht man davon aus, dass sich bei einer Pandemie die sozialen Verhältnisse so schwerwiegend ändern, dass dies einen derart nachhaltigen Einfluss auf den sportlichen Wettbewerb hat, wäre denkbar, dass der Arbeitsvertrag mit dem Spieler im Hinblick auf die Vertragslaufzeit aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen ist (siehe auch Jakob).
Abwegig ist es, davon auszugehen, dass ein Verband wie der DFB oder die UEFA oder FIFA durch Änderung ihrer Regularien oder durch Beschlüsse Einfluss auf die Vertragssituation nehmen kann. Die Verbände können die Drucksituation auf die Vertragsparteien erhöhen, indem sie Spielberechtigungen regeln. In die Vertragsautonomie der Parteien können sie aber nicht eingreifen
7. Kann der Arbeitgeber seine angestellten Sportler zu einem Gehaltsverzicht verpflichten oder dies erzwingen?
Nein. Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, nämlich das Risiko, die Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen nicht beschäftigen zu können. Schlimmstenfalls kann das Coronavirus Sportvereine dazu zwingen, den gesamten Betrieb zu schließen, weil angesichts der Allgemeinverfügungen und Verordnungen der Länder dauerhaft kein Spiel- und Trainingsbetrieb mehr möglich ist. Kann der Sportverein seine Arbeitnehmer unverschuldet nicht mehr beschäftigen, ist er trotzdem zur Lohnfortzahlung verpflichtet (§ 615 BGB). Ausnahmen sind denkbar, wenn die Existenz des Sportvereins durch die Folgen des Coronavirus auf dem Spiel steht. Hierzu gibt es aber nicht genug Rechtsprechung, die diese Auffassung stützt.
8. Sind bereits beauftragte Dienstleister zu vergüten (Caterer, Sicherheitsunternehmen, Techniker), wenn und solange Sportveranstalter ihre Veranstaltung nicht ausüben können?
Hier gilt zunächst der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind. Sprich, der Dienstleister ist zur Erbringung seiner Leistung und der Veranstalter zur Vergütung verpflichtet. Dies gilt auch, wenn die Veranstaltung nicht durchgeführt wird, sofern der Dienstleister die zu erbringende Leistung tatsächlich angeboten hat und der Veranstalter diese Leistung nicht annimmt. Ein Vergütungsanspruch des Dienstleisters entfällt nur dann, wenn sich der Veranstalter erfolgreich von seinem Vertrag mit dem Dienstleister loslöst. Befristete Dienstverträge enden grundsätzlich mit Ablauf der Zeit für die Sie eingegangen sind. Im Falle einer konkreten Veranstaltung oder für eine bestimmte Anzahl von Veranstaltungen (z.B. alle Ligaspiele einer Saison) werden die meisten Dienstverträge für genau diese Veranstaltung bzw. diese Saison befristet sein. Eine ordentliche Kündigung des Dienstvertrages ist dann nicht möglich, es sei denn es ist im Vertrag so vorgesehen. Ist das Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann dieses unter Einhaltung der Kündigungsfristen des § 621 BGB gekündigt werden. Entscheidend ist, in welchen Zeitabschnitten die Vergütung erfolgt. Hier sollten die jeweiligen Verträge Aufschluss geben.
Davon unberührt besteht die Möglichkeit einer außerordentlichen Vertragskündigung. Hier kommt es nicht darauf an, ob das Dienstverhältnis befristet ist oder nicht. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrages bei objektiver Betrachtung unzumutbar ist. Sofern die konkreten Verträge zwischen Veranstalter und Dienstleister nichts anderes vorsehen, stellt die freiwillige Schließung des Betriebes keinen wichtigen Grund dar, der zur fristlosen Kündigung berechtigt. .
Wird die Veranstaltung dahingegen von offizieller Seite abgesagt, könnte man annehmen, dass aufgrund der Betriebsunterbrechung ein wichtiger Grund gegeben sei. Nach der Rechtsprechung des BAG stellt eine Betriebsunterbrechung jedoch keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar (vgl. BAG vom 16.06.1987, Az. 1 AZR 528/85, NZA 1987, 858). Auch in diesem Fall trägt der Veranstalter das Betriebsrisiko und ist somit zur weiteren Zahlung der Vergütung verpflichtet. Dies mag jedoch anders zu beurteilen sein, wenn eine restliche Ligasaison wegen einer Pandemie aufgrund einer Entscheidung durch den Verband oder aufgrund gesetzlicher/behördlicher Anordnungen komplett ausfallen muss.
Kündigt der Veranstalter berechtigterweise außerordentlich, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen (§ 628 Abs. 1 BGB).
Anders ist es, wenn sich der Veranstalter im Annahmeverzug befindet (§ 615 BGB). Stünde zB der Stadionsicherheitsdienst mit seinem Personal für nun ausgefallene Sportevents zu Verfügung (was aufgrund der gegenwärtigen Situation auch nicht selbstverständlich ist), kann er für seine infolge des Verzugs nicht geleisteten Security-Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne selbst zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Allerdings muss er sich den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart (möglicherweise Personalgestellungskosten) oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (letzteres eher nicht, weil der Sicherheitsdienst in Zeiten der Pandemie schwer Ersatzaufträge bekommen wird).
Mietet sich der Caterer in die Veranstaltungsstätte ein, um dort auf eigene Rechnung das Catering zu betreiben, stellt sich die Frage, ob er wegen des Ausfalls der Veranstaltung gegen den Sportstättenbetreiber Ansprüche hat. Wird die Sportstätte nun geschlossen oder wird das Publikum ausgesperrt, kann der Caterer seine Mietzahlung mindern. Umsatzausfälle kann er hingegen nur geltend machen, wenn der Vermieter der Sportstätte den Ausfall der Veranstaltung verschuldet hat, wovon bei einer Pandemie nicht auszugehen ist. Auch hier kommt ggf. zwischen den Parteien aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage Vertragsanpassung in Frage.
9. Müssen Sportclubs Miete für Sportanlagen (Stadien, Hallen etc.) bezahlen, solange der Spielbetrieb ausgesetzt ist?
Nach dem Vorbild von adidas die Stadion- oder Hallenmiete nicht mehr bezahlen? Unabhängig von einer Krise gilt im Mietrecht, dass der Vermieter die Mietsache zur Verfügung stellen muss und der Mieter die vereinbarte Miete zu zahlen hat. Dies gilt nur nicht, soweit der Vermieter die Mietsache nicht mehr zur Verfügung stellen kann oder die Mietsache einen Mangel aufweist. Veranstaltungs- oder Betriebsverbote stellen keinen Mangel an der Mietsache dar, wenn diese ihren Ursprung in der Art des Geschäftsbetriebes oder der Person des Mieters haben, nicht aber in der Beschaffenheit der Mietsache. Die Miete ist dann weiterhin zu zahlen.
Ob die derzeitigen Nutzungsverbote eine bauliche oder eine betriebliche Ursache haben, ist schwer zu sagen. Schnelle Antworten verbieten sich. Die Frage wird in den kommenden Jahren mit Sicherheit die Gerichte beschäftigen. Präzedenzfälle gibt es nicht.
Nicht ganz unähnlich sind die Fälle, in denen Gewerberäume, die aufgrund von gesetzlichen Zweckentfremdungsverboten nur zu Wohnzwecken genutzt werden durften. Diese Fälle wurden durchweg zugunsten der Mieter entschieden. Begründung: die Schaffung der Voraussetzungen für die behördliche Erlaubnis des dem Mieter geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauchs obliege grundsätzlich dem Vermieter. Notfalls müsse er die vorgeschriebenen baulichen Veränderungen durchführen. Auch bei Terrorgefahr wurde davon ausgegangen, dass die wirtschaftlichen Nachteile einer (allerdings nicht behördlich angeordneten) Schließung von Gewerberäumen durch teilweise oder gar vollständige Minderung der Geschäftsraummiete aufgefangen werden könne.
Diese Fälle sind mit den Corona-Fällen freilich nicht identisch. Daher erlauben sie keine sichere Prognose, wie die Gerichte über Minderungsansprüche der Mieter in Corona-Fällen entscheiden werden. Allerdings lässt sich mit Sicherheit sagen, dass ein Minderungsrecht sehr ernsthaft in Betracht kommt.
10. Dürfen Sportvereine eigentlich noch trainieren oder gelten für sie Ausnahmen von den derzeitigen Kontaktverboten?
Ein spannende hochaktuelle Frage ist, ob und inwieweit Sportvereine von den bundesweiten Kontaktverboten in den Ländern im Trainingsbetrieb betroffen sind und ob ggf. Ausnahmen gelten bzw. rechtlich durchsetzbar sind. § 28 Abs. 1 IfSG, der derzeit noch Beschränkungen für „Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen“ vorsieht, wird heute (25.3.) geändert in „Ansammlungen von Menschen“ und damit als Rechtsgrundlage für die am Wochenende in den Ländern erlassenen Allgemeinverfügungen und Rechtsverordnungen, die damit teilweise ohne ausreichende gesetzliche Grundlage dastanden, glattgezogen. Die (wohl in vielen Fällen zu verneinende) Frage, ob das Training im Sportverein eine Ansammlung einer größeren Anzahl von Menschen darstellt, wird damit obsolet.
Allerdings sind Inkonsistenzen in den jeweiligen Verordnungen und Erlassen der Länder festzustellen. So enthält die Berliner Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus ein absolutes Kontaktverbot, das einen abschließenden Katalog von Ausnahmen vorsieht. Erlaubt ist das Verlassen der Wohnung zur Ausübung beruflicher Tätigkeiten (§ 14 Abs. 3 a Verordnung Bln) soweit das Abstandsgebot von 1,5m eingehalten wird. Das ließe jedenfalls bei einem Bundesligaverein wie Hertha BSC, bei dem das Training Teil der Berufsausübung ist, genau genommen Mannschaftstraining zu soweit keine Zweikämpfe trainiert werden. In Bremen dagegen gilt eine Allgemeinverfügung, die ein umfassendes Kontaktverbot ausspricht wobei aber in Ziff. 1c) der Verfügung ausdrücklich die Zusammenkunft in Vereinen und sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen untersagt ist. Das würde einen Verein wie Werder Bremen ungleich härter treffen als Hertha BSC. Die Spieler von Werder Bremen dürften überhaupt nicht in den vorgesehenen Trainingseinrichtungen trainieren. Dies dürfte zu Wettbewerbsnachteilen führen, wenn man davon ausgeht, dass der Ligabetrieb irgendwann fortgesetzt wird.
Hier ist somit an verwaltungsrechtliche Maßnahmen zu denken. In Betracht kommt die Beantragung von Sondergenehmigungen oder – wenn es schnell gehen soll – sog. Eilanträge nach § 80 V VwGO, letztere sind darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Verwaltungsakte (Allgemeinverfügungen sind Verwaltungsakte gegenüber der Allgemeinheit) herzustellen. Der Verwaltungsakte ist dann solange außer Kraft bis über den Rechtsbehelf entschieden wird.
11. Fazit
Die große Herausforderung wird sein, den wirtschaftlichen Schaden aller am Sport Beteiligten unter Kontrolle zu halten. Daher werden sehr wahrscheinlich die Lösungen nicht in einer konsequenten Durchsetzung der juristischen Ansprüche der Beteiligten liegen, sondern es wird gerade im Sport notwendig sein, dass alle Stakeholder (Verbände, Vereine, Sportler, Sponsoren, Rechteinhaber aber auch Fans) Lösungen finde, die Schäden aufzufangen. Daher müssen sich nicht nur Sponsoren oder Rechteinhaber die Frage stellen, ob sie Zahlungen kategorisch einstellen, sondern auch Fans müssen für sich klären, ob sie ihr DAZN-Abo tatsächlich kündigen wollen oder den Dauerkartenvertrag kündigen. Im professionellen Fußball scheinen zudem die Vorbehalte gegen die Aufhebung der sog. 50+1 Regelung in den Verbandsstatuten der DFL zu bröckeln. Die 50+1 Regelung verbietet den Profivereinen der 1. und 2. Fußballbundesliga, Investoren die Anteilsmehrheit an Kapitalgesellschaften zu überlassen, in die die Vereine ihre Profimannschaften ausgegliedert haben. Verfechter der Regelung fürchten die wirtschaftliche Abhängigkeit der Clubs von Investoren oder Investorengruppen. Droht mehreren Vereinen der Bundesliga bei dauerhaftem Aussetzen des Spielbetriebs nunmehr der finanzielle Kollaps, könnten ein Umdenken aus vor allem wirtschaftlichen Erwägungen einsetzen. Denn das Geld von Investoren könnte Clubs die Existenz sichern und den Gang in die Insolvenz ersparen.
Gleichwohl ist es zwingend erforderlich, dass Juristen die Betroffenen über die rechtlichen Möglichkeiten informieren.